Zusammenfassung
Karst und Höhlen sind im Rheinischen Schiefergebirge nur auf kleine
Areale zumeist paläozoischer Kalksteinvorkommen beschränkt. Dennoch
sind bislang über 1000 Höhlen bekannt und dokumentiert worden.
Die Höhlen selbst enthalten Informationen über Ihre Bildungsmechanismen:
Die Gangsysteme orientieren sich an tektonisch vorgezeichneten Trennflächen
und dem Verlauf des Karstwasserfließsystems; es gibt oftmals vorherrschende
Horizontalniveaus in unterschiedlicher Höhe über dem Vorfluter;
die Gangquerschnitte und Morphologie der Höhlenwände und -decken
belegen eine phreatisch-korrosive Entstehung der meisten Karsthöhlenpassagen
(NIGGEMANN 1994).
Dabei kann belegt werden, daß sich zumindest die großen
Höhlensysteme im mitteldevonischen Massenkalk des Sauerlandes (u.a.
die Dechen-, B7-, Hüttenbläserschachthšhle im Grünerbachtal
bei Iserlohn, die Alte Höhle in Hemer, die Friedrichshöhle im
Hönnetal, die Warsteiner Bilsteinhöhle und die Attendorner Tropfsteinhöhle)
über mehrere Horizontalniveaus erstrecken und morphologische Gemeinsamkeiten
aufweisen. Zieht man das Sedimentinventar der Höhlenniveaus zu dieser
Betrachtung hinzu, fallen weitere Ähnlichkeiten auf: Die jeweiligen
Horizontalniveaus enthalten vergleichbare Sinterbildungen, die sich in
Form, Typ, Größe und Alter deutlich von den Bildungen der anderen
Niveaus unterscheiden. Obwohl die Datierung der Höhlensinter bislang
nur unsystematisch durchgeführt wurde, zeichnet sich ein durchweg
höheres Maximalalter bei Höhlensintern der oberen Niveaus (bis
340.000 a) ab, wogegen in dem untersten Niveau bislang nur holozäne
Sinteralter ermittelt wurden (NIGGEMANN 1997).
In den meisten Fällen handelt es sich bei den Horizontalniveaus
um seichtphreatisch entstandene "watertable caves". Dabei ist die Grundwasseroberfläche
im Zuge der phreatisch-korrosiven Vergrößerung der Gangquerschnitte
auf das Niveau der Höhle gefallen, die somit als unterirdische Drainageröhre
auf ihre Umgebung wirkte. Diese phreatischen Höhlenbildungsphasen
sind aufgrund der Korrelation von Höhlenniveaus und spätglazial
entstandenen Flußterrassen in die der Terrassenakkumulation jeweils
nachfolgenden Interglaziale zu stellen. Durch frühglaziale Flußeintiefung
wurde die Grundwasseroberfläche abgesenkt, so daß die Höhlen
drainiert wurden und in der darauffolgenden Warmzeit Sinterwachstum einsetzte.
Die Vorkommen mehrerer Höhlenniveaus belegen zudem die Zyklizität
des Pleistozän in Form von Glazial- und Interglazialzeiten, wobei
analog zu den Terrassen die höchstgelegenen Niveaus die Ältesten
sind. Eine indirekte Korrelation von Höhlenniveaus und Flußterrassen
erlaubt eine Bestimmung des Mindest- und Abschätzung des Bildungsalters
der Höhlen auf etwa 700.000 bis 800.000 Jahre.
Mit der Untersuchung von Höhlen und Höhlensedimenten besteht
somit ein Werkzeug, die quartäre Flußgeschichte im Mittelgebirgsbereich
des Rheinischen Schiefergebirges, wo Terrassensedimente meist keine unmittelbare
Datierung erlauben, zu entschlüsseln.
Summary
Several hundred caves are located in the massive, Middle Devonian limestones
of the Sauerland, Eifel and Westerwald. Twenty seven of these caves reach
500 m in length, and two of them even reach 5000 m. The Grünerbach
valley (Iserlohn, Sauerland) serves as a model of the progressive development
of cave-levels. The "Rheinisches Schiefergebirge" has been subject of continued
elevation since the Pliocene, with valley entrenchments and formation of
river terraces predominantly controlled by climatic factors. Interglacial
phases of stagnation resulted in the development of horizontal cave tunnels
extending over 2 km. The indirect correlation of cave levels with the river
terraces enables determination of the minimum age of the caves and the
estimation of their real age, which is believed to be some 700.000
to 800.000 years.
Veröffentlichungen:
HAMMERSCHMIDT, E., NIGGEMANN, S., GREBE, W.,OELZE, R., BRIX, M.R. &
RICHTER, D.K. (1995): Höhlen in Iserlohn. - Schriften z. Karst- und
Höhlenkunde in Westf., 1: 154 S.; Iserlohn.
NIGGEMANN, S. (1994): Morphologische Beobachtungen in sauerländischen
Karbonatkarsthöhlen. - Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforsch.,
40 (2): 36-39; München.
NIGGEMANN, S. (1997): Origin and Development of Caves in the Devonian
Massive Limestone of the Rheinisches Schiefergebirge (Germany). - Proceed.
12th. Intern. Congr. Speleology: 151-154; La-Chaux-de-Fonds.